Die kleine Schraube


von Rudyard Kipling, dem Autor des Deschungelbuches

Rudyard Kipling, 1891, Portrait von John Collier
Rudyard Kipling, 1891, Portrait von John Collier

Auf einem riesigen Schiff gab es eine kleine Schraube,

 

die mit vielen anderen ebenso kleinen Schrauben

 

zwei große Stahlplatten miteinander verband.

 

Diese kleine Schraube fing an,

 

mitten auf dem Ozean

 

etwas lockerer zu werden

 

und drohte herauszufallen.

 

Das sagten die nächsten Schrauben um sie herum:

 

„Wenn du heraus fällst,

 

dann gehen wir auch.“

 

Und die Nägel im Inneren des Schiffskörpers sagten:

 

„Uns wird es auch zu eng,

 

wir lockern uns auch ein wenig.“

 

Als die großen eisernen Rippen

 

das hörten, riefen sie:

 

„Um Gottes Willen bleibt!

 

Denn wenn ihr nicht mehr haltet,

 

dann ist es um uns geschehen.“

 

Und das Gerücht vom Vorhaben der kleinen Schraube

 

verbreitete sich blitzschnell

 

durch den ganzen riesigen Körper des Schiffes.

 

Er ächzte und erbebte in allen Fugen.

 

Da beschlossen sämtliche Rippen und Platten und Schrauben

 

und auch die kleinsten Nägel,

 

eine gemeinsame Botschaft an die kleine Schraube zu senden,

 

sie möge doch bleiben;

 

denn sonst würde das ganze Schiff bersten

 

und keine von ihnen den Heimathafen erreichen.

 

Das schmeichelte der kleinen Schraube,

 

dass ihr solch große Bedeutung beigemessen wurde,

 

und sie ließ sagen,

 

sie wolle sitzen bleiben.

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Die kleine Schraube von Rudyard Kipling
Die kleine Schraube von Rudyard Kipling.
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